

Jetzt lag ich wieder auf der C1, die ich gerade mal vor 9 Tage verlassen hatte. Mit betroffenen Gesichtern und einem gezwungenen Lächeln wurden alle Maßnahmen getroffen. Die Stimmung war geknickt und eine große Enttäuschung lag über der Station. Nachdem sich die Lage etwas beruhigt hatte, ließ ich die letzten drei Tage Revue passieren. Ich bin ehrlich, meine Moral und meine seelische Verfassung waren zu sehr auf den Nullpunkt, um meine Lage zu verstehen. Meinen rechten Arm und mein rechtes Bein konnte ich nicht mehr richtig bewegen, - tja, meine ganze rechte Seite war betroffen. Jeder, der in mein Zimmer kam, war schockiert - auch die Nachtwache.
Es hat lange gedauert, bis Ruhe einkehrte. Auf den Fernseher hatte ich absolut keinen Bock. Nun lag ich im Bett, die Gardine war nicht zu gezogen und ich konnte ungestört aus dem Fenster stierten. Zwischen Entsetzen und Hoffnung begann ich, meine neue Situation zu realisieren. Ich versuchte mir Mut zu machen, in dem ich mir einredete, nach meinem ersten Schlaganfall ist es doch auch wieder gegangen. Langsam versuchte ich wieder in meinen Körper hinein zu hören. Je mehr ich hinein horchte, desto unsicherer wurde ich.
Ich hatte gerade mein Frühstück intus, da kam auch schon Dany. Die ganze Nacht habe ich nicht geschlafen und meine Moral war total im Keller. Als Dany mich in den Arm nahm, haben wir vor lauter Verzweiflung, Enttäuschung und Wut im Bauch geweint. Unsere ganze Zuversicht und unsere Hoffnung, die wir nach dem ersten Schlaganfall hatten, waren wie ein Kartenhaus zusammen gebrochen. Dany sagte auf einmal: Mein lieber Schatz, wir können im Augenblick nichts machen, aber diese Hürde werden wir auch schaffen, - überlege, was wir in unserem Leben alles geschafft haben.
Der Schaden, den dieser zweite Schlaganfall verursacht hatte, konnte ich noch nicht so richtig einschätze, aber vom Gefühl her musste er gewaltig sein. Zu meiner betroffenen rechten Seite, kam auch noch eine hohe Spastik hinzu. Bewegungsmäßig war ich total eingeschränkt. Ich hatte wieder Schwierigkeiten mit dem Sprechen und die Luft wich beim Sprechen durch die Nase, - ich war sehr schwer zu verstehen.
Jetzt hing ich wieder am Tropf, konnte nicht gescheit schlucken und die Kommunikation war wieder sehr schwer. Dennoch hatte ich auch etwas Glück, mir wurden die Magensonde (PEG) und der Katheder erspart. Ich war in der Lage, wenn ich Wasser lassen musste, mich mit der am Bett hängenden Urinflasche zu bedienen. Zum Frühstück bekam ich Brötchen und Kaffee. Als mir am Mittag mein Essen serviert wurde, stürzte Herr Wagner in mein Zimmer und sagte: Herr Arens, ich habe für sie passierte Kost bestellt, dieses Essen ist noch zu gefährlich für sie. Es gab wieder passierte Kost und eingedickten Fruchtsaft. Man, was hatte ich am Anfang diese Pampe gehasst. Jetzt wurde wieder meine Phantasie gefordert, was das wohl sein könnte, was auf meinem Teller so herum lag. Morgens und abends sollte es wieder Weißbrot, mit Streichwurst. Wieder musste auf meiner Essenskarte dick mit Textmarker gekennzeichnet werden, keine Mich, keinen Käse, keinen Quark und kein Jogurt. Meine Medikamente nahm ich wieder mit passierten Früchten oder eingedickten Fruchtsaft ein.

Als Dany am nächsten Tag kam, brachte sie neben vielen lieben Grüßen und Genesungswünschen von unseren Nachbarn, Ulla und Peter Wickesberg, den Herrn Summsemann mit. Herr Summsemann wurde auf den Rand des Fernsehers platziert und sollte mir für die nächste Zeit als Talisman zur Seite stehen und Glück bringen. Ich hätte nie im Traum daran gedacht, dass ich mich mit 47 Jahren noch mit einem Stofftier anfreunden würde.
Aber... Herr Summsemann hatte meine vollste Sympathie.
Da ich noch Bettruhe hatte, nutzten wir diese Zeit für uns beide. Es hat mir, und ich glaube auch Dany, gut getan, einfach, ohne große Worte, Händchenhalten die Zeit zu verbringen. Es hatte sich alles inzwischen etwas beruhigt und wir sprachen über die Zukunft.
Diese neue Situation hat alles über den Haufen geschmissen.
Der erste Schlaganfall hatte sehr viel Kraft gekostet und der zweite Schlaganfall hatte mein Akku nun komplett geleert. Das hatte man auch gemerkt und ist dementsprechend vorsichtig mit mir umgegangen. Eine knüppelharte Zeit sollte nun auf mich zukommen. Am Anfang kamen Tanja und Herr Wagner zu mir aufs Zimmer, um mich zu therapieren. Tanja kam mit einem mobilen Motomed, mit dem ich in Rückenlage im Bett meine Beine bewegen konnte.
In der nächsten Woche saß ich wieder im Rollstuhl. Meine Ruhephase war vorbei und man begann sofort mit der Physiotherapie, der Ergotherapie und der Logopädie. Herr Wagner begann mit seiner Therapie und trainierte mein Gaumensegel. Es war schrecklich, bei jedem Wort oder Satz, wich mir die Luft durch meine Nase. Einige solcher Übungen hatte Herr Wagner bei meinem ersten Schlaganfall gemacht, als ich zu ihm in die Therapie kam. Ich wusste, dass wird anstrengend und nervenaufreibend werden. Aber Herr Wagner war in allen Situationen ein geduldiger und ruheausstrahlender Logopäde. Immer wieder unterbrach ich die Therapie, weil ich weine musste. Ich war enttäuscht, wütend und äußerst traurig über meinen Zustand. Jetzt war ich wieder gezwungen, meine ganzen Kräfte zu mobilisieren um aus dieser „Scheiße“ wieder herauszukommen, - und ich stand erst am Anfang.
Meine Bewegungsfreiheit war ziemlich eingeschränkt, da mir der Infusionsständer, an dem meine Pullen hingen, mir immer in die Quere kam – ehrlich, das hat tierisch genervt. Wenn ich zur Physio- oder Ergotherapie musste, wurde ich für kurze Zeit vom Tropf befreit. Tanja holte mich in meinem Zimmer ab und fuhr mich in den Gymnastikraum auf der Station. Tanja begann, mit Unterstützung von Marc Bordeaux, mit dem Gangtraining. Ergo hatte ich wieder bei Frau Hahn. Dorthin wurde ich gebracht und wieder abgeholt. Frau Hahn war auch über meinen zweiten Schlaganfall sehr bestürzt. Der Arm hatte eine starke Beuge - Spastik und erschwerte die Ergotherapie enorm. Frau Hahn gab sich große Mühe, um das Optimalste bei mir heraus zu holen.
Jedes Mal, wenn ich auf die Toilette musste, wurde ich vom Tropf befreit und auf die Toilette gekarrt. Anschließend wieder zurück und an den Tropf anschließen. Das war ziemlich nervig. Es kam wieder der Moment, da signalisierte meine Blase, es Zeit ist, auf die Toilette zufahren. Ich bimmelte nach Hilfe und Rainer kam. Was kann ich für sie tun, Herr Arens. Ich müsste mal auf die Toilette. Groß oder nur Wasser, sagte Rainer. Nur Wasser antwortete ich. Das haben wir gleich. Er fuhr meinen Rollstuhl seitlich ans Bett, stellte mich hin, Hose runter, Urinflasche (AOL Pulle - bin ich drin?) in die richtige Position und... fertig. Halten sie sich bitte fest, ich entleere eben die Flasche. In Windeseile saß ich wieder im Rollstuhl und der Spuk war vorbei. So, sagte Rainer, ich denke, dass ist einfacher und geht schneller. In der Tat, es war wirklich einfacher und schnell ging es auch noch.
Diese Art "Wasserlassen" hat bis an diesem Tage recht gut funktioniert, bis ich wieder das Bedürfnis hatte und ich wieder Wasser lassen musste... Ich bimmelte nach Hilfe.
Es kam der Zivildienstleistende Pfleger Falko, ein sehr freundlicher junger Mann, der wie immer stets um mich besorgt war und wollte mir bei meinem Bedürfnis behilflich sein. Falko war nicht schmächtig, er war wesentlich größer als ich und sehr kräftig. Doch bevor ich ihm mit meiner mangelnden Artikulation begreiflich machen konnte, wie Rainer dieses Problem mit mir gelöst hatte, hat er schon eine zweite Kraft heran gepfiffen. Die herbei gepfiffene Kraft war Frank. Bevor ich den beiden, Rainers Methode erklären konnte, machten sie sich an die Behebung meiner Notdurft zu schaffen.
Schnell von Tropf befreit, ab ins Badezimmer und parkten mich in der Dusche. Sie packten mich unter Knie und Arm und versuchten mich so, auf die ersehnte Keramikeinrichtung zu transferieren. Während diesem Vorgang, stellte Falko fest, dass ich unten herum noch ordnungsgemäß für den sehnlichst erwarteten Vorgang, entkleidet werden musste. Das löste bei mir, was ich in solchen Situationen immer versuchte, zu vermeiden, das Lachen aus.
Durch meinen 2.Schlaganfall war ich muskulär enorm geschwächt und eine Katastrophe war nicht zu vermeiden. Mittlerweile waren alle drei Beteiligten (Falko, Frank und ich) an diesem Lachvorgang beteiligt. Wie sollte es auch anders sein, die ganze (...) ging in die Hose. Nachdem sich die Lage beruhigt hatte, wurde die nächste Phase in Angriff genommen. Meine Lieblings-Jogginghose schien von dem ganzen Tohuwabohu unberührt zu sein. Schnell machte ich den Beiden begreiflich, dass sie mir bitte die Jogginghose retten sollen. Aber wie? Ich bin doch kein Entfesselungskünstler.
Während die Beiden nachdenklich, meine in Mitleidenschaft gezogene Unterhose betrachteten, setzte ich den Lachvorgang fort. Plötzlich hatte ich eine Lösung für unser Problem. Ich bat Falko eine Schere zu holen und mir die Unterhose vom Leib zu schneiden. Falko begann, meine Unterhose fachmännisch zu tranchieren. Wenn dieser Vorgang vorsichtig durchgeführt wird, so dachte ich, ist meine rote Jogginghose gerettet. Gesagt, getan. Doch während dieser Operation setzte bei allen dreien der Lachvorgang wieder ein, und meine Jogginghose hatte diesmal keine Chance. Fazit: Unterhose zerschnitten und diskret entsorgt und meine geliebte Jogginghose wurde der schmutzigen Wäsche hinzugefügt.
Jetzt begann das Drama, mich auf der Toilette wieder neu einzukleiden. Durch unser Lachen wurde der Stationsarzt Dr. Momeni auf uns aufmerksam und angelockt. Er streckte seinen Kopf durch die Badezimmertüre und erkundigte sich nach meinem Wohlbefinden. Durch die Einnahme verschiedener Medikamente und durch die passierte Kost hatte ich einen ziemlich dünnen Stuhlgang. Mit trockener Mine erzählte ihm Pfleger Frank: Herr Arens hat Durchfall. Ich musste lachen und fiel dabei mit dem Rücken gegen die Wasserspülung und setzte diese in Gang. Stationsarzt Dr. Momeni streckte blitzschnell seinen Kopf durch die Türe und meinte mit ernster Miene: Oh, das kann man aber hören.
Meine Verständigung war wieder etwas besser geworden und die Telefonate wurden mehr. Und plötzlich war er wieder da. Richtig, der ominöse Mann. Das Blatt dieses ominösen Mann hatte sich plötzlich auch gewendet. Er hatte auf einmal auch zwei Schlaganfälle... und, und, und, - aber, er fährt wieder Auto... und tanzt schon wieder auf dem Seil. Warum habe ich diesen ominösen Mann nie kennen gelernt, oder schon mal was von ihm gehört?
Ein paar Tage später war Oberarztvisite und ich sagte aufgeregt zu Dr. Loevenich: Herr Dr. Loevenich, in ein paar Tagen kann ich wieder gehen. Er antwortete darauf, sie werden wieder gehen können, aber das wird dauern, sie werden viel Zeit und viel Geduld brauchen. Jedenfalls hatte ich die Hoffnung und war mir sicher, bald wieder gehen zu können. So langsam stand mir die passierte Kost im Hals, morgens Weißbrot, mittags undefinierbares, abends Weißbrot und eingedickter Fruchtsaft, sonst nichts. Manchmal bekam ich eine Pampe zu trinken, ähnlich wie Tapetenkleister und schmeckte dementsprechend.
Einens morgens brachte mir Schwester Ilona das Frühstück und schenkte mir von dem eingedickten Fruchtsaft ein. Ah, sagte ich, wieder Tapetenkleister? Wieso Tapetenkleister? Ich sagte ihr, wenn sie zu Hause tapezieren wollen, kann ich Ihnen gerne etwas abgeben. Sie nahm ein Glas, schüttete sich einen Schluck ein und nahm eine Kostprobe. Schwester Ilona war eigentlich recht klein, doch in diesem Moment wesentlich größer als ich. Plötzlich explodierte sie, nahm das Telefon und rief in der Küche an. Sie brüllte in den Hörer: Macht bitte einen gescheiten eingedickten Fruchtsaft, so wie ich ihn auch bestellt habe und nicht so eine Pampe. Ich schicke jemanden in die Küche, um ihn zu holen. Es dauerte nicht lange, da hatte ich köstlichen, wohlschmeckenden eingedickten Fruchtsaft in meinem Glas. Schwester Ilona wachte jetzt persönlich über die Qualität des eingedickten Fruchtsaftes.
Diese passierte Kost und diese eingedickte Brühe liefen mir sowas hinterher. Aber was soll’s, dachte ich, da muss ich durch. Im Hinterstübchen hatte ich immer den Gedanken, irgendwann gibt es wieder Scheinsbraten mit Semmelknödel, Kaiserschmarrn, ne ordinäre Currywurst mit Pommes, einfach etwas normales, etwas menschliches. Es war zwar nur ein schwacher Trost, aber dieser motivierte mich ungeheuer.
Mittlerweile war ich vom Tropf befreit, Gott sei Dank. Ich hatte endlich etwas mehr Bewegungsfreiheit. Herr Wagner trainierte derweil unermüdlich mein Gaumensegel und das Schlucken. Das ging mir manchmal richtig auf den Sender und war nervenaufreibend, aber es musste sein. Herr Wagner kam eines Morgens zu mir aufs Zimmer und sagte, der HNO Arzt kommt ins Haus, Schwester Hildegard hat veranlasst, dass der Arzt in meinem Hals schauen soll, vielleicht hat sich der Zustand so gebessert, dass ich wieder normal essen und trinken kann. Wow, das war Musik in meinen Ohren. Gesagt, getan, ich fuhr zur Untersuchung. Im Beisein von Schwester Hildegard und dem Doc musste ich ein Stück Weißbrot essen, ein Schluck Wasser trinken und herunter schlucken. Anschließend schaute der Doc mit einem speziellen Gerät in meinen Hals. Leider war das Ergebnis noch nicht so, wie es Schwester Hildegard und der Doc sich vorgestellt hatten. Kurz gesagt, ich musste weiter diese passierte Pampe zu mir nehmen. Man, was war ich sauer.
Eine Woche später kam der HNO Doc wieder ins Haus und ich durfte wieder antanzen. Wieder wurde mir das ekelige Mittel in den Rachen gesprüht, um den Würgereiz zu unterbinden. Wieder dieselbe Prozedur, mit Weißbrot, Wasser und herunter schlucken. Der Doc schaute wieder in meinem Hals und knurrte: mmh, ja, mmh, ja, doch, mmh, doch, doch, sieht gut aus, ist zwar noch kleines bisschen Wasser auf dem Kehlkopfdeckel, aber, dass ist nicht schlimm. Tja, dann steht der normalen Kost nichts mehr in Wege. Strike, dachte ich, diese Hürde ist auch genommen, - endlich wieder normal und vernünftig futtern, und morgens gibt es wieder Brötchen und der heißersehnte "Kaffee“. Als ich wieder auf meinem Zimmer war, habe ich mir eine Flasche Mineralwasser bestellt und getrunken, - es einfach nur „geil“. Wieder ein Stückchen weiter. Das ist zwar wieder ein schwacher Trost, aber es geht wenigsten ein bisschen voran.
Mit der Zeit wurde es langweilig. Nur Fernsehen und die Computerbild rauf und runter lesen, war auch nicht mein Ding. Mir machte auch das Sprechen große Sorgen, obwohl ich schon wieder telefonierte. Ich bat Dany, mir meinen Laptop wieder mitzubringen, dann hatte ich wenigstens Beschäftigung und ich konnte meine Anliegen aufschreiben und den Ärzten, dem Pflegepersonal und den Therapeuten zeigen.
Endlich hatte ich wieder eine Beschäftigung und konnte mich mit Excel befassen, damit ging die Zeit hervorragend schnell herum. Einziger Nachteil, ich konnte nur noch mit der linken Hand schreiben, doch dieser Abschnitt brachte mich wieder ein Stückchen nach vorne. Trotzdem beunruhigte mich mein körperlicher Zustand. Mir machte mein rechter Arm und mein rechtes Bein zu schaffen, - ich wurde auf einmal wieder nervös und ungeduldig. Ich erinnerte mich an die Worte von Dr. Loevenich, sie werden wieder gehen können, aber das wird dauern, sie werden viel Zeit und viel Geduld brauchen. Plötzlich hatte ich höllische und beklemmende Angst und meine Moral schoss dermaßen in den Keller. Ich fühlte mich wieder hilflos und beschissen. Was soll ich bloß machen? Es war zum Heulen. Was hat mir immer in solchen Augenblicken geholfen? „Musik“. Ich habe mir meine Piano CD aufgelegt, bin ans Fenster gefahren und habe wieder in die Ferne gestiert. Das war das einzig richtige, was ich in diesem Moment machen konnte. Auch wenn ich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück war, hatte meine Stimmung einen faden Beigeschmack.
Heute bin ich genau 100 Tage von zu Hause – verdammt, eine lange Zeit. Draußen ist es am Regnen. Dementsprechend ist meine Stimmung, die Zeit zieht sich wie Gummi und die Nerven werden immer mehr auf die Probe gestellt. Gleich ist Oberarztvisite, mal gespannt was die wieder auf der Pfanne haben. Während ich auf meinem Laptop lustlos herum tippe, geht die Türe auf und die Oberarztvisite beginnt. Ich war richtig erstaunt, man war tatsächlich mit meiner Entwicklung sehr zufrieden. Na ja, wenigstens etwas, obwohl ich mit meinen Fortschritten total unzufrieden bin. Sie können das bestimmt besser beurteilen, vielleicht sollte ich meine Erwartungen nicht zu hoch stecken – aber, ich will doch nur wieder gehen können.
Es plätscherte alles vor sich hin. Tanja versuchte auf meine Bitte, mit mir am Stock zu gehen. Gleichzeitig haben wir auch das Treppengehen versucht. Obwohl die Situation sehr schwer war, ging es für meine Umstände nach Recht gut. Ich wusste, dass in mir noch jede Menge Potential steckt und hatte einen Wunsch und ein Ziel, wieder gehen zu können. Es wiederholte sich, Physio, Ergo, Logo, Motomed und meine Gefühle spielten Jo-Jo. Mal hatte ich wieder Mut und Zuversicht, dann auf den anderen Moment schien alles aussichtslos. Hat mich etwa der Klinikkoller erwischt?
Mittlerweile war ich wieder etwas mobiler und ich konnte, wenn ich mich früh auf den Weg machte, alleine zu den Therapien fahren. Es war sehr anstrengend, aber es ging. Ich stand im Flur der Ergo und wartete auf Frau Hahn. Scheinbar war ich zu früh. Da tauchte auf einmal der Arzt auf, der am 29. Januar Dienst hatte. Als er mich sah, steuerte er direkt auf mich zu, gab mir die Hand und sagte: Das ist aber blöd, da haben sie richtig Pech gehabt. Na ja, ich wünsche ihnen alles Gute und verschwand wieder. In dem Moment kam Frau Hahn und holte mich zur Therapie ab. Erst als ich wieder auf meinem Zimmer war, konnte ich realisieren, was der Arzt gesagt hatte. Das war schon ein Schlag unter der Gürtellinie.
Ein paar Tage später war ich auf den Weg in die Cafeteria. Plötzlich tauchte der eine Arzt auf, der am 30. Januar Dienst hatte. Seiner Hautfarbe nach zu urteilen, müsste er aus der arabischen Liga stammen. Er machte immer ein finsteres Gesicht. Der schmale Gang bot ihm keine Ausweichmöglichkeit. Während er auf mich zukam, gingen seine Blicke immer tiefer zu Boden. Mit starrem Blick eilte er schnell an mir vorbei. Sein Blick war so starr auf den Boden gerichtet, sodass er hätte fast den Parkett aufgeschlitzt.
Ich hatte gerade bei Tanja Physiotherapie. Sie war zufrieden, was ich da fabrizierte. Ich war hingegen mit meiner Leistung wieder unzufrieden. Habe ich meine Erwartungen wirklich zu hoch gesteckt? Oder ist es die Angst? Oder habe ich im Augenblick nicht den richtigen Durchblick? Während ich eine Erklärung für meinen Wirrwarr suchte, ging die Türe auf und die Oberarztvisite kündigte sich an. Dr. Loevenich sagte mir, man hätte bei der Krankenkasse eine Verlängerung bis zum 7. April 2000 beantragt. Ich könnte damit rechnen, dass man mir bis Ende März auf jeden Fall die Reha genehmigen wird. Dr. Loevenich meinte, dass ich dann auch nach Hause sollte, weil ich Therapiemüde werde und mir die Decke auf dem Kopf fallen würde.
Als der Spuk vorbei war, habe ich sofort die Piano CD eingelegt und den Laptop ausgemacht, meine Stimmung war wieder im Keller. Auch Herr Summsemann konnte meine beschissene Stimmung nicht milde stimmen, - keine Chance. Angst und Panik machten sich breit. Jetzt brauchte ich Ruhe, Ruhe, um das alles noch mal zu überdenken. Bis 7. April? Hm, das sind noch 5 Wochen, vielleicht auch nur 4 Wochen. Mir ging in diesem Moment mein Arsch auf Grundeis. Verdammt, was will man in 4 bzw. 5 Wochen noch erreichen? Ich glaube nicht an Wunder. Meine kleinen Spaziergänge, die ich mit Dany machen wollte rückten in weiter Ferne. Jetzt begann ich das Einmann-Psychologen-Spielchen. Ich war Patient und Psychologe in einer Person und ich stellte mir jede Menge Fragen und bekam aber nicht die geeignete Antwort, die ich von mir erwartet habe.
Jetzt glaubt man bestimmt von mir, ich hätte Schnee auf der Trommel, - aber keine Spur. Man kann es sich nicht vorstellen, wie das ist und ich kann niemanden solch eine Situation empfehlen, man ist einfach nur „Machtlos“. Meine Piano CD hat mir in vielen Fällen immer geholfen. Ich werde Tanja bitten, mit mir verstärkt das Gehen am Stock zu üben. Damit wäre mir schon enorm geholfen, wenn ich wenigstens mit dem Stock zu Hause durch die Wohnung gehen könnte. Auf die Toilette konnte ich mittlerweile auch alleine gehen. Nur in Notfällen habe ich nach Hilfe gebimmelt.
Obwohl einige kleine positive Erfolge zu verzeichnen waren, war ich ziemlich geknickt. Ich fiel immer wieder ins Tief. Das alles machte es mir sehr schwer zu schaffen. Wenn ich bloß gehen könnte. Ich mache mir zu viele Gedanken, aber so ist das nun mal. Ich habe mir das Buch von der Steiermark, was mir Dany zu Weihnachten geschenkt, aus dem Schrank geholt. Vielleicht würde ich dann wieder klare Gedanken fassen können. Aber weit verfehlt, wenn ich das Buch aufschlage, laufen die Tränen. Ich kann nicht in diesem Buch lesen, zu viele Erinnerungen kommen auf, - ich merke, dieses Buch ist im Augenblick Gift für mich. Mir geht es nicht aus dem Kopf, wie es sein mag, wenn ich wieder zu Hause. Dabei denke ich an meinem Konfirmationsspruch “Gott ist treu”, und verstehe die Welt nicht mehr. Ist es nicht eigenartig? Ich bin mal gespannt, wie das mit der Verlängerung wird.
Am Freitagnachmittag wurde ich nach meiner letzten Therapie überrascht. Als ich meine Zimmertüre öffnete, stand Nadine im Zimmer. Meine Freudentränen liefen in Strömen. Über diesen Überraschungsbesuch habe ich mich riesig gefreut. Das Wochenende stand wieder bevor. Da die Kinder nicht mehr mitkamen, war Dany an den Samstagen schon früh in der Klinik. Es hatte sich alles im Laufe der Zeit eingespielt und der Tagesablauf wiederholte sich. Dany nahm meine schmutzige Wäsche mit und brachte sie am nächsten Tag frisch gewaschen wieder mit.
An diesem Sonntag kam Dany alleine, da meine Eltern verhindert waren. In der Cafeteria haben wir wieder einige Dinge besprochen. Während wir unseren Cappuccino schlürften, merkte ich, wie die Tränen in Danys Augen standen. Ich wollte von ihr wissen, was los ist. Statt mir eine Antwort zu geben, wurden die Tränen immer mehr. Komm, sagte ich zu Dany, lass uns aufs Zimmer gehen, dann können wir ungestört reden.
Auf dem Zimmer hatte mir Dany unter Tränen ihr Problem geschildert. Mit Wut im Bauch schimpfte sie über ihre Eltern und ihre Schwester. Ich verstehe nicht, warum sie nicht mehr mit mir fahren und dich besuchen. Sie schimpfte über ihre Schwester, dass sie sich noch nicht einmal bei ihr gemeldet, geschweige mich mal besucht hatte. Diese Wut schien sich über die ganze Zeit angestaut zu haben. Ich versuchte, Dany zu beruhigen. Komm, sagte ich, dass bringt uns auch nicht weiter. Wenn sie nicht wollen, dann können wir sie nicht zwingen.
Da Danys Eltern mittwochs nicht mehr mit kamen, wollte Dany jetzt mittwochs schon kurz nach dem Frühstück kommen. Wow sagte ich, dass ist doch eine super Idee. Dany hatte sich wieder beruhigt und der Frust war verschwunden. So kurz nach 17 Uhr kam das Abendbrot. Draußen hat sich das Wetter zugezogen und es fing an zu schneien. Dany wollte mir meine Brote schmieren, aber ich sagte, lass das und fahr nach Hause, du hast noch einen weiten Weg. Der Schneefall wurde immer heftiger und Dany machte sich auf den Weg. Eine Schwester half mir, die Brote zu schmieren. Nachdem ich mein Abendbrot verzerrt hatte, bin ich auf die Toilette. Als ich nach einiger Zeit wieder zurückkam, schaute ich aus dem Fenster, man konnte nichts mehr sehen, so stark hat es geschneit. Ich hatte höllische Angst um Dany. Als gegen 20:30 Uhr das Telefon schellte und Dany sich zurück gemeldet hat, fiel mir ein riesengroßer Stein vom Herzen.
Anfang der Woche war wieder Chefarztvisite. Man hat mir sofort gesagt, dass ich am 7. April entlassen werden soll und dass zu Hause so langsam einige Vorbereitungen getroffen werden sollen, damit für meine Heimkehr alles im „grünen Bereich“ ist. Puh dachte ich, jetzt wird’s ernst. Wenn Dany am Mittwoch kommt, haben wir einen Termin bei Tanja Schäfer, Sozialarbeiter in dieser Klinik.
Meine Freude auf den Mittwoch war riesengroß. Dany ist schon sehr früh da. Ich habe ihr immer ein Brötchen und etwas Kaffee aufgehoben. Auf der Station wusste man Bescheid und man ließ mein Frühstück stehen. Sie stellten sogar immer eine saubere Tasse für Dany bereit. Wenn Dany kam, war ich meistens schon zu einer Therapie. Besonders freute ich mich auf den „Thermo-Henkelmann“, den Dany mit brachte. Sie brachte immer Essen (Hausmannskost) von zu Hause mit. Wir haben uns mittags immer die Essen geteilt, ich bekam die Hälfte aus dem Henkelmann und Dany bekam die Hälfte von mir, - dass tat uns unwahrscheinlich gut – das war Balsam für die Seele.
So, jetzt ist es amtlich, meine Verlängerung ist bis zum 7. April genehmigt. Ich glaube, dass reicht auch. Wir nahmen den Termin bei Tanja Schäfer, Sozialbearbeiterin in diesem Haus war. Sie klärte uns über die verschiedensten Dinge, wie Pflegestufe, Behindertenausweis etc. auf, die uns demnächst erwarten würden.
Am späten Nachmittag hatte ich noch einen Termin bei Herrn Wagner. So langsam breitete sich der Klinikkoller aus. Die Luft und die Energie gingen raus, es zog sich alles wie Gummi. Herr Wagner machte nicht mehr viel an Übungen, wir unterhielten uns über Musik und ich hatte ihm von meiner Vergangenheit erzählt. Obwohl wir keine speziellen Übungen mehr machten, waren die Stunden bei Herrn Wagner schon anstrengend. Dadurch ich eifrig aus dem Nähkästchen plauderte, musste ich mich sehr anstrengen, um zu sprechen. Und wenn Herr Wagner mich nicht verstand, musste ich den Satz wiederholen. Diese Art von Therapie war anstrengender, als die üblichen Stunden mit diversen Übungen.
Die Tage zwischen Sonntag zu Mittwoch und Mittwoch zu Samstag vergehen sehr schnell. Ich freue mich jedes Mal auf den Mittwoch und den Samstag. Wie immer hebe ich Dany ein Brötchen und eine Tasse Kaffee auf. Es ist wunderschön mit Dany alleine zu sein. Wir genießen die Zweisamkeit. Wenn das Wetter mitspielt, gehen wir draußen spazieren bzw. Dany schiebt mich mit dem Rollstuhl. Zur Mittagzeit sind wir wieder auf dem Zimmer. In der Klinik gab es samstags immer köstliche Eintöpfe. Wie immer teilten wir uns das Essen. Eigentlich spielten sich die Tage immer auf dieselbe Art ab. Gegen 14.00 Uhr sind wir in die Cafeteria gefahren, haben Kaffee getrunken und die hervorragenden Kuchen und Torten genossen. Der Sonntag wiederholte sich, jedoch ohne Henkelmann mit Hausmannskost, dafür kamen meine Eltern mit. So ein Wochenende verging sehr schnell.
Obwohl ich meine Lieblings CDs bei mir habe, ist alles richtig trostlos. Meine innerliche Wut ist unermesslich groß, warum haben die beiden Ärzte an diesem Wochenende gepennt? Selbst auf der Station hat man nicht reagiert. Wenn ich auf der C1 geblieben wäre, wäre es bestimmt nicht so weit gekommen. Ich kann mich an meine erste Woche im letzten Dezember auf der C1 erinnern. Mein Zimmernachbar, ein älterer Herr, bekam einen zweiten Schlaganfall, man hatte sofort reagiert, - und bei mir, es zog sich von Samstagabend bis Montagmittag hin. Scheinbar haben die beiden Ärzte gedacht, bei einem Schlaganfall zählt jede Stunde, statt jede Minute.
Verdammt, was hat alles nach dem ersten Schlaganfall wieder funktioniert. Trotz depressiver Weihnachtsstimmung ging es mir seelisch und moralisch viel, viel besser als jetzt. Ich kann mich drehen und wenden wie ich will, der Arsch bleibt hinten - der Schaden ist da.
Die letzten Wochen kam Dany mit zu den Therapien um einige Handgriffe und Übungen kennen zu lernen. Die Therapeuten waren richtig nett, sie haben Dany gezeigt, worauf sie achten soll. Wir versuchten so viel an Tipps und Anregungen mit zunehmen, wie nur eben möglich.
Zwischenzeitlich wurden zu Hause alle Vorbereitungen getroffen. Dany hatte sich noch mal mit unseren Vermietern, Ingrid und Siegfried Lemmen in Verbindung gesetzt, ob es Ihnen recht wäre, wenn wir im Treppenhaus einen zweiten Handlauf, in Bad und WC Haltegriffe anbringen lassen würden. Ich muss sagen, unsere Vermieter sind unkompliziert und großzügig. Wir sollten alles so herrichten, damit ich, bzw. wir zurechtkommen. Dany hatte sich sofort mit unserem Nachbar Reinhard Noppenberger, der selbständiger Schreinermeister ist, in Verbindung gesetzt. Er hat im Treppenhaus den zweiten Handlauf angebracht, zugleich hat er in unserem Flur an einer Wand auch einen Handlauf angebracht, an dem ich später Übungen machen sollte und unter unserem Bett hat er einen etwas höheren Rahmen angebracht, damit ich bequem in und aus dem Bett steigen konnte. Auf der Station wurde Dany von Pfleger Frank eingewiesen, wie sie bei mir die Thrombosespritze setzen soll. Sie musste an einer Apfelsine, diesen Vorgang trainieren.
So langsam wurde ich nervös. Wenn ich nach Hause komme, da weht ein anderer Wind. Keiner der sofort zur Hilfe steht, wenn’s brenzlig wird. Dany ist auf diesem Gebiet nur ein Laie, sie hat zwar hier einiges mit bekommen, aber die Realität sieht anders aus. Ich weiß es nicht und kann auch nicht sagen, wovor ich Angst habe... vielleicht, weil ich mir nicht selber helfen kann, weil ich mit meinen eingeschränkten Möglichkeiten ein „Nichts“ bin? Der Gedanke macht mich total Magnolie.
Der 7. April war greifbar nah und das letzte Wochenende begann. Am 2. April kamen meine Eltern zum letzten Mal mit in die Reha. Wir haben zum letzten Mal in der Cafeteria Kaffee getrunken. Als Dany einen großen Teil meiner Sachen einpackte, um diese schon mal mit zu nehmen, wurde es mir richtig komisch – der Abschied nahte.
Die letzte Woche begann, die Zeit zählte runter und die Therapien könnten wir uns eigentlich sparen, die Luft war raus, mein Akku war total leer. Meine Gedanken waren auf zu Hause ausgerichtet und die Konzentration war gleich null. Es herrschte Aufbruchsstimmung und die Anspannung stieg an. Trotzdem fanden noch einige Therapien statt. Meine letzte Therapie an diesem Tag hatte ich bei Herrn Wagner. Ich hatte mir mein Portemonnaie eingesteckt und wollte mir in der Cafeteria einen Cappuccino trinken. Während ich da saß, gesellte sich ein Leidensgenosse zu mir.
Er war zu einer Zwischen Reha in der Klinik und hatte schon seit langer Zeit einen Schlaganfall. Wir unterhielten uns über dieses und jenes. Ich erzählte ihm, dass ich am Freitag entlassen werde und dass ich die Schnauze voll habe. Fast fünf Monate war ich von zu Hause weg, das ist schon krass. Des Weiteren erzählte ich ihm, dass sich schon jede Menge Besuch angesagt hat. Darauf antwortete er, dass hätte sich bei ihm, als er damals nach Hause gekommen ist, genauso abgespielt, man habe ihm quasi die Bude eingerannt. Am Anfang war alles interessant, doch im Laufe der Zeit hat sich das alles gewaltig reduziert, mein Freundeskreis ist mächtig geschrumpft. Ich war plötzlich uninteressant geworden, sagte er zu mir. Hm sagte ich, schwer vorstellbar, weil... Er unterbrach mich und sagte, warte mal ab, so ein Schicksal hat seine eigenen Gesetze.
Mir war das so was von egal, Hauptsache nach Hause.
Der vorletzte Tag neigte sich dem Ende zu. Während die CD „My little World“ lief, blicke ich auf die letzten Monate zurück, die wunderschönen Flitterwochen bei Hanni und Ferdl, nach dem ersten Schlaganfall die großen Erfolge, wieder normal essen und trinken zu dürfen, endlich aus dem Rollstuhl raus, Dinge wieder können, die ich vor meinen Schlaganfall konnte, wenn auch nicht so perfekt war. Es waren schöne Erinnerungen, bis auf die, nach dem 29. Januar 2000, an dem sich das Blatt gewendet hat.
Nach dem Abendbrot habe ich noch schnell mein Tagebuch für Dany fertig gestellt. Es hat mir sehr geholfen, jeden Tag ein paar Zeilen zu schreiben und das waren meine letzten Zeilen:
Mein lieber Schatz,
Hilchenbach kann ich jetzt abschließen, die Zeit ist vorbei.
Morgen komme ich sowieso nicht mehr zum Schreiben.
Ich möchte mich hiermit bei dir für die liebe, herzliche und tröstende Betreuung, während meines Aufenthaltes in Remscheid und Hilchenbach recht herzlich bedanken.
Obwohl es für mich sehr schwer war, warst du immer rechtzeitig mit lieben, tröstenden und aufmunternden Worten zur Stelle. Was du in dieser Zeit alles für mich getan hast mein lieber Schatz, werde ich dir nie vergessen. Dafür werde ich dir für immer dankbar sein.
Möge uns das, was wir von nun an in die Hand nehmen, gelingen.
Und sollte es wirklich einen lieben Gott geben...
dann möchte er uns bitte dabei helfen.
Wir VIER werden es schaffen, davon bin ich überzeugt.
Vielen Dank für alles
Ich liebe dich
Hilchenbach, den 05. April 2000 19:31
Dany kam das letzte Mal um meine restlichen Sachen abzuholen. Ich machte an diesem Tag nur bis mittags meine Therapien. Die restlichen Sachen wurden gepackt und im Auto verstaut. Am Nachmittag haben wir meine Therapeuten aufgesucht, damit ich mich bei ihnen für die gute Zusammenarbeit und Geduld mit mir, bedanken und verabschieden konnte. Dany fuhr nach Hause und ich saß alleine in einem leeren Zimmer. Ich bin dann bei Zeiten ins Bett und wenig später hatte sich die Spätschicht von mir verabschiedet. Die Nacht kam und ich habe kein Auge zu gemacht. Die ganze Nacht habe ich ferngesehen. Mit Schwester Nicole, die Nachdienst hatte, habe ich vereinbart, mich morgen ganz früh zu wecken, damit man mich noch schnell duschen sollte. Es ging alles reibungslos über die Bühne. Zum letzten Mal genoss ich den leckeren Kaffee und die leckeren Brötchen, worauf ich mich jeden Morgen gefreut hatte.
Bis mich der Krankentransport abholte, kamen noch einige Therapeuten vorbei, um sich noch einmal zu verabschieden. Nun war es soweit, es ging nach Hause. Ich wurde auf die Trage gepackt, fest geschnallt und los ging es. Auf dem Flur standen die Schwestern und Pfleger der Frühschicht Ina, Ilona, Jürgen und Boris, in Reih‘ und Glied und verabschiedeten mich.
Als letztes verabschiedete sich der, der mich am 7. Dezember als erstes begrüßt hat – Boris.

An dieser Stelle möchte ich mich bei den zwei Ärzten, oder besser gesagt, bei den zwei Halbgöttern in Weiß, die am 29. Januar 2000 und 30. Januar 2000 ihren Wochenenddienst in der Klinik verrichtet haben, recht herzlich bedanken.
Dank ihrer unqualifizierten Diagnose, obwohl sich mein Zustand zunehmend verschlechterte, es gäbe keinen Grund zur Beunruhigung und das wäre ganz normal, hat mich ein zweiter Schlaganfall mit einer Schwerbehinderung von 90% erwischt. Man könnte auch sagen, es war ...
Meine Familie und ich werden Sie nie vergessen und ich werde bei jeder Bewegung, die ich mache, mein ganzes Leben an Sie denken.
Meine körperliche Behinderung wird Sie nie vergessen.....
„Die Erfahrung ist wie eine Laterne im Rücken,
sie beleuchtet stets nur das Stück Weg,
das wir bereits hinter uns haben."
Konfuzius