
Was ist eine Doppleruntersuchung?
Die Doppler-Sonographie misst mit Ultraschallwellen den Blutfluss in den Gefäßen des menschlichen Körpers und ermöglicht so die Diagnostik von Gefäß- und Organerkrankungen.
Bei der Untersuchung wird ein durchsichtiges, wasserhaltiges Gel auf beide Seiten am Hals auf die Region der Halsschlagader (Carotis) aufgetragen und der Schallkopf mit sanftem Druck aufgesetzt.
So können Blutfließgeschwindigkeiten in Blutgefäßen und die Struktur der Gefäßwände untersucht werden.
In der Notaufnahme ging der Spuk erst richtig los und es wurde sofort eine Doppleruntersuchung gemacht. Ich war total durch den Wind und schnallte fast nichts. Nach einem kurzen Moment kamen zwei junge Schwestern und fingen an mir herumzufummeln, - und plötzlich hatte ich so ein Engelsgewand an. Eine Schwester stöhnte und sagte: Oh man, warum wieder ich. Wie wieder ich dachte ich. Oh, jetzt wusste ich, warum immer ich. Es schien, als hätte diese junge Schwester öfters die Arschkarte gezogen, in dem sie die Katheder legen musste. Bevor ich geschnallt hatte, was Sache war, lag ich in einem Zimmer auf der Intensivstation der Remscheider Krankenanstalten.
Es wimmelten Ärzte und Pfleger um mich herum, die ständig die Kabel und Leitungen kontrollierten. Jetzt lag ich im Bett und stierte die Decke an. Durch die Doppelbilder sah ich alles kreuz und quer und konnte alles ziemlich schlecht einordnen. Klingt verrückt, aber es ist so. Ich konnte nicht mehr sprechen, sah Doppelbilder, und konnte außer meinen Kopf nichts mehr bewegen. Es ist wahr, mich hatte ein Schlaganfall erwischt.

Als sich die Lage etwas beruhigt hatte, tauchten Dany und Nadine. Ich fing bitterlich an zu weinen. Mein Zustand hatte sich enorm verschlechtert. Sie hatten alle Mühe mich zu beruhigen und versuchten mir Mut zu zusprechen. Wir drei schwammen in einem Meer der Hilflosigkeit. Dany wurde von einem Oberarzt vor die Türe gebeten. Er sagte ihr unverblümt ins Gesicht, rechnen sie mit dem Schlimmsten und machen sie sich schon mal mit einem Beerdigungsinstitut vertraut. Dany hatte noch den Schock von heute Morgen in den Knochen und jetzt erschlug sie dieser ermunternder Satz. Sie fauchte den Arzt an, was das soll, in solch einer Stunde mit der Türe ins Haus zu fallen. Es war geschmacklos. In der Tat, einige Halbgötter in Weiß verfügen über das Feingefühl einer Abrissbirne. Dany war böse und nicht mehr bereit, mit diesem Arzt zu sprechen. Von da an war ein anderer Arzt, Dr. Stiefken ihr Ansprechpartner. Als Dany und Nadine wieder nach Hause fahren wollten, fing ich wieder an zu weinen. Ich fühlte mich hilflos, alleine gelassen, es ging mir beschissen und hatte große Angst, sehr große Angst.

Nun kehrte Ruhe ein und ich lag jetzt wie blöd in meinem Bett und stierte die Decke an. Jetzt hatte ich genügend Zeit, meine Situation zu überdenken. Aber das funktionierte nicht, ständig würde ich von meinen Angstattacken gestört. Wie? Wo? Was? Warum? Was wird passieren, was kommt auf mich zu? Fragen über Fragen, die ich mir nicht beantworten konnte. Mein ganzes Drumherum war wegen der extremen Doppelbilder sehr schlecht einzuschätzen. Ich konnte auch niemanden befragen, geschweige meine Ängste oder meine Frucht und Sorgen mitteilen...
Am Abend kamen Dany und Nadine noch mal vorbei, um nach dem Rechten zu schauen. Wieder fing ich bitterlich an zu weinen und sie standen wieder hilflos an meinem Bett und versuchten mir Mut zu machen. Ich wollte ihnen sagen, dass ich Durst hatte, doch ich konnte nicht sprechen. Wie sollte ich ihnen das begreiflich machen? Ich stammelte ein paar verwaschene Töne wie, hö hähä hö. Dany schaute mich an. Tränen schossen in ihre Augen und sie schüttelte immer wieder den Kopf und sagte, Maus, ich kann dich nicht verstehen. Ich versuchte es wieder mit hö hähä hö. Sie schüttelte immer den Kopf, ich verstehe dich nicht und fing an zu weinen. Ich wurde wütend, weil mich niemand verstand.
Ich konnte Dany mit meinem Schmatzen verständlich machen, dass ich Durst hatte. Nächstes Problem, ich konnte nicht schlucken. Daraufhin brachte die Schwester einen Becher mit Kamillentee und einen großes Wattestäbchen. Dany tunkte dieses Wattestäbchen in den Tee und befeuchtete meine Lippen. Ich erwischte den Wattebausch und saugte den Tee heraus. Das war eine Wohltat. Leider war die Zeit wieder vorbei und Dany und Nadine mussten wieder nach Hause. Wieder begann das Abschiedsdrama - Tränen, Tränen, Tränen.
Jetzt hatte ich wieder Zeit, über mir Gedanken zu machen. Ich versuchte alles in Ruhe noch mal zu überdenken, doch die Angst war zu groß, um einen klaren Gedanken zu fassen. Ich fühlte mich einsam, verlassen und beschissen. Plötzlich stand eine Schwester am Bett und sagte: Herr Arens, ich muss sie mal eben absaugen, sie sind stark verschleimt. Hä, dachte ich, wieso verschleimt, wieso absaugen? Ich verstand nur, Bahnhof. Sie schmierte mir etwas Salbe an die Nase, fuchtelte mit einem langen Plastikschlauch vor meiner Nase herum und sagte: Es wird jetzt etwas unangenehm. Sie setzte den Sauger an und stocherte mit dem Schlauch durch meine Nase in meinem Körper.

Ich war weiter mit meinen Gedanken beschäftigt. Was wird uns die Zukunft bringen? Was wird aus unserer Entscheidung? Was passiert mit Dany, Nadine und Philipp, wenn ich wirklich ein Pflegefall werde, oder, wenn ich das nicht überlebe? Was ist mit meinen Eltern? Wie mag es denen jetzt gehen? Das, was mir passiert war, ist nicht mal eben wie ein gebrochenes Bein, oder irgendeine Grippe oder was weiß der Teufel, was in ein paar Wochen oder Monaten wieder in Ordnung ist. In meinen Gedanken ging es hin und her, Fragen über Fragen und vor lauter Grübelei bin ich irgendwann wieder eingeschlafen. Mitten in der Nacht wurde ich aus dem Schlaf gerissen. Zwei Schwestern hatten mich gewaschen, neu eingekleidet und mein Bett frisch überzogen. So hatte ich meine erste Nacht hinter mir.
Was ist eine Computertomografie?
Die Computertomografie, (Kurzform: CT) ist ein spezielles Röntgenverfahren, welches Querschnittsbilder verschiedener Körperregionen liefert.
Am Nachmittag kam Dany mit meinen Vater. Als ich ihn sah, fing ich an zu weinen. Fassungslos stand er an meinem Bett, seine Haare schienen grauer denn je. Er versuchte mich zu beruhigen und sagte: Mach dir jetzt keine Gedanken, dass wird wieder, du brauchst augenblicklich nur Ruhe. Vater gab sich große Mühe, mir Mut zu zusprechen. Nachdem Dany meinen Vater nach Hause gebracht hatte, kam sie wieder zurück. Wieder stand sie schweigend bei mir am Bett, strich mir über den Kopf und die Blicke die uns trafen, waren bestückt mit Fragen, mit vielen Fragen. Jede Frage war begleitet von einer Hilflosigkeit. Wir haben uns eine ganze Zeit schweigend angesehen. Jede Menge Tränen liefen und Dany sagte immer wieder, ich liebe dich, ich liebe dich und drückte jedes Mal ganz feste meine Hand. Wer hätte gedacht, dass es uns einmal so erwischen würde.
Die Zeit war wieder gekommen und das Abschiedsdrama stand bevor - Tränen, Tränen und nochmals Tränen.

Wieder lag regungslos und alleine im Bett, ich war verzweifelt. Ich konnte nur noch den Kopf bewegen, sonst nichts. Meine Angst nahm gravierend zu und meine Zweifel verstärkten sich von Minute zu Minute, dass ich jemals wieder auf die Beine kommen würde. Die Nacht kam und ich döste vor mich hin. Nachdem man mich in der Nacht wieder gewaschen hatte, konnte ich nicht mehr schlafen. Wieder fing ich an zu grübeln und machte mir Gedanken. Meine Hoffnung war plötzlich weg, wie ein zerplatzter Luftballon und ich spürte eine innerliche Leere und Beklemmung. Was wird aus meiner Familie, wenn ich wirklich nicht mehr auf die Beine komme? Was ist, wenn ich nie mehr sprechen kann? Dann bin ich doch nur ein lebendes Hindernis und mache mehr Arbeit und Kummer, als es die Sache wert ist. Es schossen mir die Worte eines Arbeitskollegen durch den Kopf. Er hat mir vor ein paar Jahren gesagt, „Peter, wenn ich einmal krank werden sollte, ist nicht so schlimm, aber bloß nicht, dass ich pflegebedürftig werde. Dann erschieße ich mich lieber“.
Seine Worte klagen mir heute noch in den Ohren, als hätte er mir das vor ein paar Minuten gesagt. Jetzt stehe ich vor dem Problem, „hilfsbedürftig“ zu werden. Nee, nee dachte ich, so kann das nicht gehen, dass haben Dany und die Kinder nicht verdient, mich in der Zukunft herumzuschieben und ständig Gewehr bei Fuß sein, wenn ich irgendwelche Laute von mir gebe. Es hat doch alles keinen Sinn mehr. Ich wollte nicht mehr. Meine Hoffnung und mein Lebensmut waren innerhalb kürzester Zeit geschmolzen, wie ein Eiswürfel auf einer heißen Herdplatte. Ich schaute zur Decke und dachte: Lieber Gott, mach bitte den Sack zu, es gibt sowieso nichts mehr mit mir. Bevor ich nur noch ein lebendes Hindernis bin, dann lass mich lieber gehen.
Ein wahres Erlebnis
Was in dieser Nacht vorgefallen war, habe ich nicht geträumt, ich habe es wirklich erlebt. Noch Wochen danach habe ich mich mit dieser Nacht beschäftigt.
Es war ein unbeschreibliches Gefühl.
Das ist keine Schauergeschichte.
Es war sehr ruhig in meinem Zimmer, ab und zu kam eine Schwester und hat nach dem Rechten gesehen. Ich spürte, wie ich langsam abbaute, keine Schmerzen, keine innerliche Unruhe, es war alles sehr ruhig und friedlich, ja, ich war richtig erleichtert. Die Sorgen, die ich mir gemacht habe, waren auf einmal weg. Ich lag zufrieden in meinem Bett. Alles rückte in weiter Ferne. Selbst bei geschlossenen Augen war alles in einem warmen Licht erleuchtet. Es war wie ein großer Luftballon, wo die Luft ganz langsam entweicht und die Spannung nach lässt, - ich war richtig frei und erleichtert.
Was um mich herumpassierte, nahm ich nicht mehr so wahr. In nahm auch keine Notiz mehr, wenn ich gewaschen wurde, oder wenn ich abgesaugt wurde, es war mir alles „scheißegal“, ich hatte mich mit der Situation abgefunden, - und das schien für mich die beste Lösung zu sein. Irgendwann standen auf einmal Dany und Nadine an meinem Bett und hielten meine Hand. Wie geht es dir, fragte mich Dany? Ich öffnete langsam die Augen schaute zur Decke, schüttelte den Kopf und schloss die Augen wieder.

He, was ist los, warum schüttelst du den Kopf, wollte Dany wissen. Ich öffnete die Augen wieder und schüttelte wieder mit dem Kopf. Dany hatte anscheinend etwas gemerkt, was mit mir los war und fing plötzlich an zu reden wie ein Wasserfall. Nee, nee mein Freund, dass kannst du uns nicht antun, dass kannst du nicht machen. Denk doch an die Kinder und an mich. Was soll das? Denk an deine Eltern? Denk doch bitte an den 25. Oktober, was wir gemeinsam beschlossen haben, du kannst uns nicht im Stich lassen. Immer wieder sprach sie von unseren Flitterwochen und dem 25. Oktober. Danys Stimme war unruhig und panisch. Nadine redete plötzlich auch auf mich ein. Sie redeten und redeten und redeten. Dany sagte irgendwas und ich musste plötzlich lachen. He, du lachst ja, sagte Dany. Die beiden gaben jetzt richtig Gas und versuchten mich weiter zum Lachen zu bringen. Was ist mit mir passiert? Das Blatt hatte sich wieder gewendet. Es war schon komisch und ich habe mich bereits im Jenseits gesehen, ich wollte nicht mehr.

Ein neuer Tag brach an und als Dany am Nachmittag wieder da war, redete sie wieder pausenlos auf mich ein. Zum Schluss fragte sie, ob Philipp heute Abend mal mitkommen dürfte. Mhh, ich zog ein grimmiges Gesicht. Aber, warum eigentlich nicht dachte ich und nickte mit dem Kopf. Eigentlich wollte ich es vermeiden, dass mich Philipp in diesem Zustand sah. Aber auf der anderen Seite konnte ich es ihm nicht übel nehmen, mich sehen zu wollen.
Am Abend war es soweit, während Nadine und Philipp in der Cafeteria waren, bereitete Dany mich auf ihn vor. Ich war aufgeregt und nervös. Plötzlich stand er an meinem Bett, er strahlte wie immer, nahm meine Hand und sagte: Na, wie isset, allett paletti? Er plapperte sofort los und richtete mir liebe Grüße von Lehrern und Klassenkameraden aus. Er erzählte mir munter Storys aus der Schule, über dies und jenes, als wäre unsere Situation gar nicht so schlimm. Als sie wieder gingen, machte er einen seiner Späßchen. Peinlich, ich musste so lachen und der Schuss ging nach hinten los. Glücklicherweise hatte man mich anschließend wieder hergerichtet.
Ich war froh, dass Philipp mit war und mir diese Begegnung mit ihm so leicht gemacht hat. Er war das Tüpfelchen auf dem „i“. Die Anspannung hatte sich aufgelöst und die Zweifel, dass es wieder wird, verzogen sich. Zuversicht und Optimismus verstärkten sich langsam wieder.
Die nächsten Tage waren etwas unangenehm. Mir wurde am Hals eine Sonde gelegt, damit ich künstlich ernährt werden konnte. Zwischendurch wurde ich direkt neben das Schwesternzimmer verlegt, damit ich wegen meiner Verschleimung unter besserer Kontrolle war. Es hatte auch einen Vorteil, ich konnte Freitagsabends im Radio Sport hören.

Ein weiteres Problem hielt mich auf Trapp. Wir konnten zwar lachen und ich verstand Dany, wenn sie was sagte, aber ich konnte mich nicht verständlich machen. Das nervte und machte mich ungeheuerlich böse.
Weihnachten rückte immer näher und in meiner Arbeitskleidung in der Firma hatte ich ein Prospekt von einem funkgesteuerten Modell Lkw, denn ich Philipp gerne zu Weihnachten schenken wollte. Wie kommen wir daran? Eine Möglichkeit wäre, es von einer Kollegin, die in unmittelbarer Nähe von uns wohnt, mitbringen zulassen. Aber wie soll ich Dany das erklären? Vor unserer Silberhochzeit hatte ich mir einen neuen Taschen Organzier gekauft, in dem man auch Notizen machen konnte. Ich habe es mit Müh und Not geschafft, Dany dazu bewegen, diesen Taschen Organzier mitzubringen.
Am Abend kam Dany und brachte dieses Teil mit. Jetzt war es da, aber, ich konnte es nicht bedienen und… es blieb bei dieser Idee, gescheitert war. Jedenfalls war der Wille da. Mir lag dieser funkgesteuerte Modell Lkw sehr schwer im Magen und ich wollte versuchen, Dany mein Problem anders zu verklickern. Ich ackerte in meinem Bett herum und versuchte Dany verständlich zu machen, dass sie meine Kollegin Petra Binse bitten sollte, ihr dieses Prospekt aus meiner Arbeitskleidung zu besorgen. Dany fing vor Verzweiflung an zu weinen, weil sie mich nicht verstand. Auch ich fing wieder aus lauter Wut und Verzweiflung, an zu weinen. Während wir am Rande der Verzweiflung waren, brachte ich plötzlich ein Laut, wie ein „A“ über die Lippen. „A“ sagte Dany, ich nickte und strahlte über das ganze Gesicht. Sie wieder holte, „A“? Ich zog die Augenbrauen runter. Sie sagte „A“ und sofort danach „B“. Mit fragwürdigem Blick sagte sie „A“ - „B“? Ich nickte wieder und sie sprach weiter, „C“ - „D“ - „E“... usw. Als sie bei dem Buchstaben „P“ ankam, fing ich an zu lachen und nickte heftig mit dem Kopf. Dany sagte, meinst du „P“, ich nickte.
Was ist mit „P“, fragte Dany. Ich nickte wieder und brachte wieder ein „A“ über meine Lippen. Dany sagte wieder „A“? Ich kniff die Augen zu und schüttelte den Kopf. Es ging weiter mit „B“ - „C“ - „D“ und bei „E“ nickte ich wieder und fing an zu lachen. Was ist mit „E“, wollte Dany wissen. Wieder versuchte ich ein „A“ hervor zubringen. Das Spielchen ging von vorne los, bis sie den Buchstaben „T“ erreicht hatte. Wieder nickte ich und lachte. Dany war es noch nicht klar, was ich wollte. Jetzt fing sie langsam an mit „A“ - „B“ - „C“ usw., als sie das „R“ erreichte nickte und lachte ich. Dany schaute mich an und sagte: P,E,T,R? Ich lachte und nickte kräftig mit dem Kopf. Dany sagte plötzlich, meinst du Petra? Ich war total aus dem Häuschen, sie hat mich verstanden. Meinst du Petra Binse? Ich war so aufgereckt und wäre bald aus dem Bett gesprungen, - Dany hat mich verstanden, YEEAAH. Was willst du mit Petra Binse? Wieder versuchte ich ein „A“. Dany begann wieder mit dem „ABC“ und bei dem Buchstaben, den ich meinte, nickte ich. So haben wir Wörter und kleine Sätze gebildet. Es war zwar sehr mühselig, aber es funktionierte, wir konnten uns verständigen. Jetzt flossen das erste einmal bei uns Freudentränen, wir hatten eine Verständigungsmöglichkeit gefunden. In den nächsten Tagen wurden wir belohnt, Petra Binse brachte das Prospekt vom Modell LKW vorbei.

Nachdem man von unserer neuen Verständigungsmöglichkeit erfahren hatte, wurde für mich schnellstens diese ABC Tafel erstellt. Der Blickkontakt auf diese ABC Tafel und gleichzeitig zur Schwester oder dem Pfleger gestaltete sich recht schwierig. Man musste auf den Buchstaben zeigen und gleichzeitig auf meine Mimik achten, ob der Buchstabe richtig war oder nicht.
Leider war diese Art der Verständigung sehr aufwendig. Dennoch konnten wir uns damit in schwierigen Fällen verständigen.

Am nächsten Tag wurde schweres Gerät an mein Bett gefahren, eine tolle Maschine. Die Schwester sagte, wir müssen ihre Lunge röntgen. Die Maschinerie wurde in Position gefahren. Sämtliche Vorbereitungen wurden getroffen und zum Schluss legte man eine Platte unter meinem Rücken. Die Schwester kam auf mich zu und sagte, so Herr Arens, bitte nicht bewegen Sie sich jetzt nicht. Während sie mich ansah, rief sie, so, und jetzt alle raus. Und ich sagte leise zu ihr, „i au“? Sie musste lachen und sagte, sie natürlich nicht und verschwand. Anscheinend hat sie verstanden, was ich meinte. Aufnahme gemacht, die Schwestern nahmen diese Platte wieder unter meinem Rücken weg und entschwanden mit dieser Maschinerie. Jetzt wurde mir bewusst, was passiert war, ich habe gerade zu dieser Schwester etwas gesagt. Ich wollte es nicht glauben, aber ich habe was gesagt. Kann ich etwa bald wieder sprechen?
Was ist eine Bronchoskopie?
Die Bronchoskopie dient der Untersuchung der Atemwege, also der Luftröhre und der großen Abzweigungen (Bronchien). Dabei wird ein Endoskop über Mund oder Nase eingeführt und durch die Trachea (die Trachea ist Teil der Atemwege) in die Bronchien der Lunge vorgeschoben.
Was ist eine PEG?
Die perkutane endoskopische Gastrostomie, Kurzform: PEG, ist ein endoskopisch angelegter direkter Zugang zum Magen, der die Bauchwand durchdringt und der bei Patienten mit Schluckstörungen unterschiedlichster Ursache die künstliche Ernährung über lange Zeit ermöglicht.
Die starke Verschleimung wollte kein Ende nehmen. Man hätte meinen können, in meinem Bett läge eine Klapperschlange. Um der Sache auf den Grund zu gehen, beschloss man, bei mir eine Bronchoskopie durch zu führen. Es wurde ein mir nicht vertrauenswürdiges Gerät an mein Bett geschoben.
Der Anblick verriet nichts Gutes. Als alle Vorbereitungen und die Lokalanästhesie getroffen waren, begann die Ärztin mit der Zeremonie. Mein lieber Herr Gesangverein, was bin ich im Bett hochgehüpft, ich bin äußerst empfindlich in der Rachengegend, - ich schwebte in der Luft, als würde mich David Copperfield behandeln. Was habe ich da ein Spektakel gemacht. Es war kaum auszuhalten und ich musste dermaßen husten und auch würgen, ich dachte, gleich explodiert mein Schädel. Letztendlich hat man die ganze Expedition in meinen Bronchien abgebrochen. Ich habe mich gefühlt, wie ein Voodoo-Püppchen. Es hat höllisch wehgetan.
Aller guten Dinge sind drei, erst die Sonde am Hals, dann die Bronchoskopie und als krönender Abschluss wollte man mir eine PEG (Magensonde) legen. Da ich für diesen Eingriff nicht unterschreiben konnte und Dany keine Vollmacht von mir hatte, gab es ein großes Trallala und man musste eine gerichtliche Verfügung für Dany beantragen, dass sie für den Eingriff unterschreiben konnte.
Der Eingriff der Magensonde war harmloser als ich dachte. Aber ich bin ehrlich, was diese Art angeht, in meinem ich herumzufummeln, habe ich einen hochachtungsvollen Schiss, ich hatte Angst ohne Ende. Dafür gab es jetzt Happahappa in Form von Astronautenkost. Später wurde ich mit Götterspeise verwöhnt, - das durfte man an mich verfüttern. Dany karrte eine Palette Götterspeise nach der anderen heran. Mir war es wurscht, ob rote oder grüne Götterspeise, Hauptsache, etwas im Magen. Zwischenzeitlich machte ein Logopäde mit mir Übungen und die Krankengymnastin Mandy machte mit mir im Bett leichte Gymnastik.
Es waren nun einige Tage her, dass mich der Schlaganfall, oder besser gesagt der Ponsinfarkt erwischt hatte. Dany kam eines Tages zu mir und sagte, deine Mutter möchte dich gerne besuchen. Tatsächlich dachte ich, die hätte ich fast vergessen. Ich nickte und gab mein Einverständnis, dass sie mich besuchen kommen kann. Mir war richtig mulmig in der Magengegend. Es war genau wie bei Philipp, die Angst vor der ersten Begegnung. Im Grunde genommen war diese Einstellung für ‘n Arsch, es war schließlich meine Mutter. Trotzdem war es schon komisch, - vielleicht lag es auch an der Situation, in der ich mich befand. Genau das, was ich befürchtet hatte, war eingetroffen. Als Mutter mein Zimmer betrat, habe ich bitterlich geweint. Ich hatte mir vorgenommen, mich zusammen zu reißen, - keine Chance. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich beruhigt hatte. Aber die Hürde war genommen, der Knoten war geplatzt und allen Beteiligten war es auf einmal wesentlich leichter.

Mittlerweile war ich so stabil, dass man mich nach zwei Wochen Intensivstation, auf die Überwachungsstation verlegen konnte. Jetzt hatte ich mich an das Pflegepersonal auf der Intensiv gewöhnt und jetzt kamen wieder andere Personen ins Spiel, eine neue Umgebung. Das passte mir überhaupt nicht. Aber, es war wieder ein Schritt nach vorne. Nun gab es mittags sogar passierte Kost. Am Anfang musste ich immer lachen, weil ich mir total blöd vorkam, weil ich gefüttert wurde. Letztendlich war ich doch froh, einigermaßen wieder was Festes in den Magen zu bekommen.
Ich war gespannt, ob mich Dany finden würde. Am Nachmittag betrat sie aufgewühlt mein Zimmer. Man, was habt ihr hier für einen giftigen Pinscher rumlaufen. Mit einem Hää, verzog ich mein Gesicht. Hast du die Schwester noch nicht gesehen, wollte sie wissen. Ich verstand nur Bahnhof. Als Dany mich auf der Station besuchen wollte, war diese versperrt. Dany klingelte und wollte zu mir, wie sie es von der Intensiv gewohnt war. Da kam „Schwester Rabbiata“ und kläffte Dany an, es ist noch keine Besuchszeit, sie müssen noch warten. Upps, da war Dany wohl auf eine Tellermine getreten. Während wir uns unterhielten, stürzte plötzlich „Schwester Rabbiata“, kaum größer als eine Parkuhr, ins Zimmer. Donnilotti, „Schwester Rabbiata“ ist ja ein kleines Pulverfass, - ich werde sie bestimmt noch besser kennen lernen.
Am nächsten Morgen rückte Krankengymnastin Mandy wieder an. Sie wollte mich aus dem Bett in einen Rollstuhl setzen. Mit einer Art Kran wurde ich aus dem Bett in den Rollstuhl verfrachtet. Ich kam mir vor wie auf einem Containerbahnhof. Wow, ich saß in einem Rollstuhl, eine andere Perspektive, anstatt immer die Decke anzustarren. Das war ein komisches Gefühl, nach zwei Wochen das erste Mal wieder zu sitzen. Mandy hatte mich im Flur eingereiht, zwischen einigen Leidensgenossen. Wir saßen alle hintereinander, wie in einem Bus. Ich versuchte mit meinen Doppelbildern, dass ganze Geschehen zu sortieren.
Was ist ein EEG?
EEG, auch Elektro-Enzephalogramm genannt, misst die Hirnstromwellen. Alles, was das Gehirn wahrnimmt, wird aufgezeichnet. Elektroden, die auf der Kopfhaut befestigt werden, messen die Ströme des Gehirns, die im Computer aufgezeichnet werden.
Was ist eine Kernspin-Tomographie?
Die Kernspin-Tomographie, auch Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) genannt, ist eine diagnostische Technik zur Darstellung der inneren Organe, Gewebe und Gelenke mit Hilfe von Magnetfeldern und Radiowellen.
Plötzlich ertönte hinter mir eine Stimme: Guten Tag, hier ist Biermann, ich wollte mal nachfragen, wo die Lieferung Computer bleibt, die ich geordert habe. Ah, sagte Herr Biermann, die ist schon unterwegs. Ich danke ihnen für die Auskunft, auf Wiederhören. Kurz darauf brüllte Herr Biermann über den Flur: Wer will einen Computer haben, ich bekomme gleich die Lieferung. Oh, dachte ich, hier auf der Überwachungsstation wird mit Compis gehandelt. Kaum hatte ich diesen Satz zu Ende gedacht, hörte ich, wie eine Schwester loszischte: Herr Biermann, sie sollen leise sein, sie sind hier nicht alleine. Aus die Maus und vorbei, „Schwester Rabbiata“ hat den Computerhandel platzen lassen. Das war wieder ein Warnschuss von „Schwester Rabbiata“. „Schwester Rabbiata“ hatte, was das „Türe öffnen“ angeht, auch ihren eigenen Sound, da war ich immer vorgewarnt und stellte mich schlafend.
Der Antrag für eine Früh Reha war schon lange gestellt. Dany war da energisch hinterher, dass ich sofort nach dem Krankenhausaufenthalt in die Früh Reha kam. Mein Zustand hatte sich etwas gebessert und mit meinem „Sprechen“ hat sich auch einiges getan. Es war noch nicht das Gelbe vom Ei, aber ich konnte mich schon ein bisschen besser verständigen. In dieser Woche fanden noch zahlreiche Untersuchungen wie EEG, MRT etc. statt.

Es war Mittagszeit, ich wurde gerade gefüttert. Es gab Spinat, Rührei und Kartoffelbrei, obwohl ich das nicht so besonders mag, war es jetzt für mich eine Delikatesse, als eine Schwester sich aufs Bett setzte und sagte so richtig schwungvoll: Herr Arens... am Dienstag... den 7. Dezember... geht’s nach Hilchenbach... in Früh Reha. Ich bekam plötzlich keinen Bissen mehr runter und fing an zu weinen. Warum, konnte ich nicht sagen, - war es der Überraschungseffekt oder war es die plötzliche Angst vor dem Neuen?
Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, dachte ich, wie können die mich in eine Reha schicken, wo ich so gut wie gar nichts kann? Die Schwester sagte mir, sie sei aus Hilchenbach und es wäre dort sehr, sehr schön. Ich versuchte, ein Hilena über meine Lippen zu schieben? Richtig sagte sie, Hilchenbach, liegt zwischen Erndtebrück und Siegen – im Siegerland. Erndtebrück kannte ich, dort war ich öfters bei einem Kunden gewesen. Jetzt wusste ich einigermaßen, wo Hilchenbach liegt.
Am Nikolaustag kamen meine Eltern, Dany und die Kinder und brachten meine Sachen für die Reha. Meine Eltern und die Kinder verabschiedeten sich, wünschten mir alles Gute und fuhren nach Hause, während Dany noch bei mir blieb. Wir sprachen über die nächste Zeit und freuten uns doch, dass es aufwärts geht. Mit meiner spärlichen Artikulation sagte ich zu Dany, mein Schatz, du kennst doch den Weg, wenn wir nach Hanni und Ferdl in die Steiermark in Urlaub fahren, - Sauerlandlinie, Aschaffenburg, Nürnberg, München, Salzburg, Schladming, Weißenbach. Diese Wegstecke wird grafisch mein Weg zu meinem gesundheitlichen Ziel sein. Mein momentaner Stand, ich befinde mich kurz vor der Autobahnauffahrt Meinerzhagen. Je mehr Fortschritte ich machen werde, je weiter komme ich auf dieser Strecke voran. Toll sagte Dany, das ist eine gute Idee, ein genialer Vergleich. Da hatte ich mich vor knapp 3 Wochen aufgegeben und jetzt diese Freude. Der Zeitpunkt war gekommen, Abschied zu nehmen. Dany musste nach Hause. Drei Wochen Krankenhaus lagen hinter uns. So wie es aussieht, bin ich auf dem richtigen Weg nach oben. Wir verabschiedeten uns kurz und bündig und komischerweise, es hat niemand geweint, - wir wussten, jetzt geht’s weiter.
Der Tag war da, an dem ich nach Hilchenbach verlegt wurde. Vor lauter Aufregung habe ich kaum geschlafen. Ich wurde für den Transport fertig gemacht und dann ging es zur Sache. Die Reise in die Reha konnte beginnen. Während der Fahrt versuchte ich mir vorzustellen, was mich dort erwartet, was alles auf mich zukommen würde. Je näher diese Klinik auf mich zukam, je nervöser und aufgeregter wurde ich. Plötzlich hielt der Wagen an. So, sagte der Fahrer, wir sind am Ziel. Kurz darauf ging die Heckklappe des Transporters auf, ich wurde heraus gezogen und Richtung Eingang geschoben.

Die Krankheit lässt den Wert der Gesundheit erkennen.